Griechenland braucht keine Hilfskredite mehr. Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt. Aber die Lage bleibt fragil. Was wird aus den jungen Griechinnen und Griechen, die am meisten unter der Krise leiden? Eine Reise zu Menschen zwischen Frust und Zuversicht.
Junge leiden am meisten unter der andauernden Krise. – Athener Szene mit Blick auf die Akropolis.
Giouli, 31, studierte Marketing und verkauft nun Uhren und Handtaschen. Doch sie ist zufrieden, nun immerhin 750 Euro zu verdienen, eine Vollzeitstelle zu haben und mit ihrem Ehemann wieder in ihrer Heimat zu leben.
Giorgos, 18, lernt im Goethe-Institut Deutsch. Nächsten Sommer will er zum Studium nach Deutschland ziehen. Davon träumt der Sohn einer Deutschen und eines Griechen schon lange. Die Krise ist für ihn nur ein weiterer Grund, zu gehen.
Adonis, 24, ist gelernter Motorradmechaniker und arbeitet als Kellner. Er hofft, eines Tages wieder als Motorradmechaniker zu einem höheren Lohn arbeiten zu können. Aber dafür brauchte er Berufserfahrung.
Jiorgos, 28, will seinen Vogelladen bis zur Pension betreiben.
Die griechische Wirtschaft wächst zwar leicht, doch sie hat weiter grosse strukturelle Probleme. Die allermeisten Firmen sind sehr klein und produzieren keine hochwertigen Güter und Dienstleistungen. Sie brauchen keine Akademiker als Mitarbeiter. Marktszene morgens in Athen.
Ende Juli meldete sich Christos, 31, in Zürich ab, fuhr mit seinem besten Freund zum Flughafen – und verabschiedete sich hoffnungsfroh in sein neues, altes Leben. Jetzt arbeitet er in einem Startup in Athen.
Ioannis, 37, ein pausbäckiger Mittdreissiger, würde am liebsten wieder weg. Die Gesamtlage deprimiert ihn. «Mein Land ist das einzige, das in Friedenszeiten eine kriegsähnliche Situation erlebt.» Er hat ein autobiografisch inspiriertes Buch über die Krise geschrieben.
Dimitra, Master in Psychologie und Jiorgos, in Ausbildung zum Personenschützer, beide 25, warten vor dem Arbeitsamt bis sie an der Reihe sind.
Ourania-Eleni, wallende Locken, kommt aus einer Chemievorlesung. Eigentlich wollte sie Zahn- oder Tierärztin werden, aber ihre Bewerbungen um einen Studienplatz scheiterten. Immerhin fänden Chemiker gute Arbeit, sagt sie, und nun gefalle ihr auch das Studium. So gut, dass sie genau weiss, wo sie danach hinwill: nach Israel oder Amerika.
Vor dem Parlamentsgebäude in Athen am zentralen Syntagma-Platz demonstrierten auf dem Höhepunkt der Krise regelmässig Zehntausende gegen die harte Sparpolitik. Nun prägen junge GriechInnen und TouristInnen den Platz.
Neue Zürcher Zeitung
Die Arbeitslosenquote der 15- bis 24-jährigen Griechen liegt bei 43 Prozent. Wie sich die «verlorene Generation» durchschlägt
2018 © Goran Basic/NZZ
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